Rückenwind für die Berufliche Bildung in Europa
Zum Start der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat die EU-Kommission am 1. Juli eine Ratsempfehlung zur beruflichen Aus- und Weiterbildung vorgeschlagen
15.07.2020
Die Vorschläge sollen die Berufliche Bildung in Europa stärken und die Reform von vollzeitschulischen Ausbildungssystemen in den Mitgliedstaaten voranbringen.
Kernelement der Empfehlung soll dabei eine engere Verzahnung zwischen Arbeitsmarkt, Arbeitsplatz und Ausbildung unter Einbeziehung der Wirtschaftsakteure sein. Qualität und Attraktivität der Beruflichen Bildung sollen durch bessere Durchlässigkeit zur Hochschule, den Ausbau der Höheren Berufsbildung sowie die digitale „Bereitschaft“ der beruflichen Bildungseinrichtungen erreicht werden.
Die europaweite Mobilität von Absolventen der Beruflichen Bildung soll auch durch die Entwicklung europäischer „Kernberufsprofile“ gefördert werden. Sie sollen zudem dazu beitragen, Qualifikationen europaweit automatisch anzuerkennen.
Die Mitgliedstaaten werden zudem aufgefordert, mehr in die Berufliche Bildung zu investieren und dazu auch die EU-Fonds beziehungsweise EU-Finanzierungsinstrumente wie „Next Generation EU“ zu nutzen.
Außerdem sollen nach und nach 50 europäische Plattformen für berufliche Exzellenz als Maßnahme unter dem EU-Bildungsprogramm ERASMUS+ eingerichtet werden. ERASMUS+ soll als Finanzierungsinstrument auch dafür sorgen, dass bis zu acht Prozent aller Absolventen der Beruflichen Bildung in Europa bis 2025 eine Lernerfahrung im Ausland machen.
Aus Sicht des DIHK hat die Kommission auf den ersten Blick eine gute Vorlage für den deutschen EU-Ratsvorsitz vorgelegt. Insbesondere die Vorschläge zur europaweiten Stärkung der betrieblichen Ausbildung und der Höheren Berufsbildung sowie die Förderung digitaler und weiterer arbeitsplatzrelevanterer Kompetenzen sind positiv zu bewerten.
Quantitative Bildungsziele sollten aber mit dem Bedarf der Unternehmen im Einklang stehen, der in der Beruflichen Bildung immer die Richtschnur ist. Mindestens müssten zahlenmäßige Vorgaben mit Zwischenzielen und spezifischen nationalen Zielen der Mitgliedstaaten unterlegt werden.
Kritisch zu bewerten sind hingegen bildungspolitische Steuerungsambitionen der EU wie eine automatische Anerkennung von ausländischen Qualifikationen. Auch dürfen europäische „Kernberufsprofile“ am Ende nicht von der EU „verordnet“, sondern können allenfalls bedarfsorientiert und unverbindlich über Pilotversuche sowie in engem Austausch mit der Wirtschaft identifiziert werden.